Über die Kraft von Lernreisen

Für mich ergab sich im Oktober ’22 die Chance, im Rahmen einer #Lernreise neun Schulen in der #BayArea in acht Tagen besuchen zu dürfen. Dafür bin ich sehr dankbar. Es blieb unserer Gruppe (Rahel Tschopp 🧭, Renée Lechner, Petra Ferrari, Florence Bernhard, Silvia Wetter, Cornelia Gut-Villa und mir) mal mehr und mal weniger Zeit, sich in den verschiedenen Systemen zu bewegen. Mein Ziel war es, sie offenherzig, urteilsfrei und ohne Zynismus zu erleben, sie dabei dennoch primär in den eigenen Kontext der LernRAUMentwicklung einzuordnen und daraus, im besten Fall co-kreativ, Zukunftsperspektiven zu entwickeln und umzusetzen. Meine Haltung war dabei angelehnt an die TheorieU von Otto Scharmer. Ich suchte und fand Impulse sowie Menschen mit dem Blick in Richtung Transformation.

Danken möchte ich ebenfalls unserer zeitweisen Begleitung Marc Prensky — RE-FRAMING und Kathrin Röschel sowie denjenigen Menschen (wie Esther Wojcicki, Herman Gyr, Ph.D., Steve Hinske, Martin Fugmann, Ursina Haller und vielen anderen) mit denen wir uns während und außerhalb der Schulbesuche gegenseitig interessiert austauschen durften.

Innerhalb der verschiedenen Systeme empfingen uns, durchgehend mit überwältigender Gastfreundschaft und Offenheit, Schulgründer:innen, -leiter:innen, Kolleg:innen bzw. Mitarbeiter:innen sowie Schüler:innen. In chronologischer, leider nicht vollständiger, Reihenfolge danke ich an dieser Stelle Aaron Eden, Gever Tulley, Jenny Jungeblut, Thomas Spahn, Stefanie Wenk, Orly Friedman, Craig Appel, Christopher Bezsylko (he/him/his), Barbara GREINER, Liz Evans, Claudia Gruber und David Joiner. Ein besonderer Dank geht an die Schüler:innen. Sie sind uns neugierig und offen begegnet, haben uns zeitweise aufgenommen, uns Fragen gestellt und beantwortet.

Der einleitende Dank ist mir wichtig im Sinne der wahrhaften Wertschätzung, die ich diesen Menschen gegenüber empfinde. Bei einigen Personen geht diese sogar noch etwas weiter. Es hat sich eine professionelle, teilweise sogar freundschaftliche Beziehung entwickelt.

Beziehungskultur als Gelingensfaktor zur Initiierung eines aktiven lebenslangen Lernens

Der Hinweis auf Beziehungskultur als leitenden Wert im jeweiligen pädagogischen Konzept war als roter Faden während unserer Schulbesuche erkennbar. Den meisten Erwachsenen ging das Wort “relationship” im Gespräch mit uns bereits zu Beginn der Unterhaltung über die Lippen. Im gleichen Atemzug wurde die Rollenbezeichnung Lehrer:in in Frage gestellt bzw. für das eigene System abgelehnt. Alternativ werden die verantwortlichen Erwachsenen dort als “educator”, “guide”, “coach” oder “collaborator” bezeichnet.

Denn Sprache schafft Wirklichkeit. Wirklich? Mich würde interessieren, wie Paul Watzlawick im Sinne seiner self-fulfilling prophecy diese Suche nach einem neuen Rollenbegriff einordnen würde. Unsere Gesprächspartner:innen begreifen ihre hier angesprochenen Schulen als lernende Systeme, sich selbst und die ihnen Anvertrauten als student and adult lifelonglearners. In diesen Systemen sind die Rollenbezeichnungen für mich authentisch als Selbstverpflichtung und Leitlinie spür – & erlebbar. Alle diese Menschen eint unabhängig voneinander das Ziel, auf unterschiedliche Weise die Lernenden auf ihrer jeweiligen individuellen Lernreise hin zu Eigenverantwortung für ihr Lernen und ihr Leben zu begleiten und unterstützen. Dafür muss Schule anders werden. Das war uns allen klar.

Einige der besuchten Schulen stellen offen den Begriff Schule für sich in Frage, lehnen ihn für sich ab bzw. weichen ihn auf. Die milleniumsf bezeichnet sich als learning lab, die Brightworks School als learning community und die Imagination Lab School sowie die Khan Lab School tragen den Lab-Charakter im offiziellen Namen.

Auf dem Weg zu zukunftsfähiger Bildung

In den besuchten Schulen werden unterschiedliche Wege beschritten und unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt. Zu jeder Schule würde sich ein eigener Artikel lohnen. Bei der nun folgenden Aufzählung geht es aber nicht um die Beschreibung einer idealen Schule. Anhand von Buzzwords möchte ich einige Schwerpunkte aufzeigen, die in mehreren der besuchten Schulen umgesetzt werden und die bei den Besuchen spürbar waren.

Ich musste zunächst einmal den Begriff agency verstehen, für den es in der deutschen Sprache offensichtlich keine wörtliche Entsprechung gibt.

Agency ist die Fähigkeit eines Akteurs, innerhalb einer gegeben Situation nicht nur determiniert zu reagieren, sondern mit einer gewissen Offenheit auf sich selbst und andere Einfluss zu nehmen.

Bezogen auf die eigene Lernreise kann man sie aktiv bzw. sogar proaktiv beeinflussen. Mit zunehmender agency wird es Menschen möglich, den Grad der Autonomie in Bezug auf ihr eigenes Lernen zu erhöhen. Dabei soll das individuell höchste Potenzial erkennbar und freigesetzt werden. Schüler:innen sollen ihre individuellen Talente erkennen, verfolgen und ausschärfen.

Projektbasiertes Lernen ist dann als Lernformat wertvoll, wenn Schüler:innen dabei die aktive Teilnahme an realen und vor allen Dingen persönlich bedeutsamen Projekten lernen. Insofern kommt einer wahrhaften Partizipation aller Lernenden in diesem Kontext eine entscheidende Rolle zu. Sie werden angeregt, das zu verfolgen was ihnen am meisten am Herzen liegt. Das Ziel ist zu erspüren, dass Leidenschaft und Verantwortungsübernahme zu Veränderungen führen und die Welt zu einem besseren Ort machen können. 

Ebenso wurden flache Hierarchien, im Sinne der Aussage “We don’t hire cooks, we hire chefs.”, als Gelingensfaktor für zukunftsfähige Bildung benannt. Dabei geht es um das authentische Vorleben von Kollaboration, gegenseitiger Wertschätzung, Respekt und#Selbstwirksamkeit. Die Klassen- bzw. Gruppenstrukturen sind häufig altersheterogen. Das Fächerkorsett ist ganz oder zeitweise aufgelöst. Die Rhythmisierung des Tages folgt dem jeweiligen schulinternen Curriculum und ist dementsprechend unterschiedlich. Individualisiertes Lernen in Gemeinschaft ist der schulübergreifende Anspruch, dessen Erfüllung ich mir häufig noch gerne näher angeschaut hätte.

Dabei fühlte ich mich an die folgenden Worte von Robin Schmidt erinnert:

Wenn die vollständige Verfügbarkeit von Wissen alltäglich gefühlte Realität ist, wird auch Bildung womöglich immer weniger als Besitz und Verfügbarkeit (letztlich also als Kapital) eines Menschen, sondern immer mehr als Bezug eines Menschen auf einen Stoff (letztlich also als Interaktion, emphatischer: als Dialog) erfahren. Vielleicht rückt dadurch mehr in den Fokus, dass Bildung nicht nur eine Frage von Inhalten und Kompetenzen, sondern auch eine von Bezügen und Beziehung ist […]

Robin Schmidt “Post-digitale Bildung”, 2020

Letztlich war für mich auffällig, dass Achtsamkeit in vielen Schulen ein großer gelebter Wert ist, der teilweise curricular verankert ist oder sogar zum Leitbild der Schule gehört. Auch ich messe Achtsamkeit und #consciousaction als einem Aspekt von zukunftsfähiger Bildung hohen Wert bei. Kolleg:innen aus deutschen Schulen, die sich der Transformation hin zu zukunftsfähigerBildung verschrieben haben, benennen Achtsamkeit im Gespräch häufig als Gelingensfaktor für die Transformation. Positiv überrascht hat mich allerdings, dass diese Meinung in der BayArea offensichtlich viel weiter verbreitet ist als ich das in meinem Wirkungskreis wahrnehme.

Letter grades, Credits, Portfolios – Feedbackkultur?

Auch bezüglich dieser Fragestellung würde sich ein eigener Artikel lohnen. Die Form der Prüfungen, die ausgestellten Bescheinigungen und Bewertungen orientieren sich ab einem gewissen Punkt an den Anforderungen der übernehmenden Schulen oder Hochschulen. Teilweise sind die besuchten Schulen auch einfach noch zu jung, die Beantwortung dieser Frage ist noch work in progress.

Von daher halte ich es für diesbezüglich interessierte Lesende sinnvoller, sich über das Institut für zeitgemäße Prüfungskultur zu informieren, sich vielleicht sogar zu beteiligen und selber auszuprobieren, wie eine lernförderliche Prüfungskultur mit den entsprechenden Rückmeldemechanismen funktionieren kann.

Postdigitalität zugunsten der Pädagogik

An folgende Worte von Felicitas Magilchrist habe ich mich während unserer Lernreise zwangsläufig immer wieder erinnert gefühlt:

Mit “postdigital” bezeichne ich solche pädagogischen Ansätze, in denen es primär um neue Lehr- und Lernpraktiken, Bildungsziele und Vorstellungen von “guter Schule” in einer digital vernetzten Welt geht. Digitale Technologien sind für diese Praktiken und Ziele notwendig, aber sie sind den pädagogischen Überlegungen untergeordnet. Digitalität wird zum Hintergrund des Alltags. Sie muss nicht mehr explizit als “Digitalisierung” thematisiert werden, sondern ist lediglich ein Aspekt eines umfassenden Transformations- oder Schulentwicklungsprozesses.

Postdigitale Ansätze befinden sich also jenseits von Technoskeptizismus, aber auch jenseits von Technikeuphorie. Priorisiert werden die Ziele statt der Technik. Dieses Beispiel umfasst individualisiertes Lernen und gemeinsames Lernen, eine gelingende Kommunikation zwischen Eltern und Schule, Materialienaustausch unter Lehrkräften und Schülerinnen und Schüler, die sich über Schule und Lernen freuen.

https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/293124/digitale-bildungsmedien-im-diskurs/

Die digitale Infrastruktur funktionierte während unserer Besuchszeiten stets einwandfrei. Sie konnte von allen anwesenden Menschen entsprechend ihrer Entwicklung als lifelonglearner kompetent genutzt werden und war für uns als Gäste problemlos zugänglich.

Die verwendeten Endgeräte bilden viele Möglichkeiten, vom stationären Windows- bzw. Linux-Rechner über Chromebooks bis hin zu iPads und Macbooks, ab. Dabei handelt es sich größtenteils um schuleigene Geräte, die am Ende des Schultages in der Schule verbleiben.

Die Wahl der Software stellt individualisiertes Lernen und gemeinsames Lernen, eine gelingende Kommunikation zwischen Eltern und Schule sowie den Materialienaustausch unter Lehrkräften und Schüler:innen sicher. Sie variiert ebenso wie die Hardwarelösungen und ist problemlos von zu Hause aus zugänglich. Analog zum bekannten Designgrundsatz würde ich daher von form follows function sprechen. Und auch an dieser Stelle rekurriere ich auf Robin Schmidt. Meiner Einschätzung nach nehmen die besuchten Schulen ihre von ihm beschriebene Verantwortung ernst und kommen ihr nach:

In einer post-digitalen Gesellschaft entsteht Verantwortung gegenüber den digitalen Infrastrukturen, Inhalten und Kommunikationsformen kaum auf Grundlage der Frage, ob diese Technologien angenommen oder abgelehnt werden sollten. Verantwortung für das Verhältnis zu digitalen Technologien zu übernehmen, bedeutet heute vielmehr aus der Dualität von Annahme und Ablehnung auszutreten und sich an der Frage zu beteiligen, wie diese Technologie auf uns wirken soll.

Robin Schmidt “Post-digitale Bildung”, 2020

Lernformat FREI DAY

Immer wieder konnte ich in Gesprächen über die Anforderungen an eine zukunftsfähige nachhaltige Bildung antworten: “Das sehe ich genauso.” und “Wir haben für Schulen, die sich dorthin auf den Weg machen wollen, eine Lösung.”

Anforderungen wie:

  • 1 day/week of full-choice of self-directed projects (20%)
  • Most Real-world projects
  • measurable positive impact
  • Lift up people to their potential
  • reflect holistically on one’s own learning path
  • no letter grades

wird der #FREIDAY der Initiative Schule Im Aufbruch gGmbH gerecht. Verantwortlich für die Entwicklung ist Margret Rasfeld. Sie hat als Schulleiterin jahrzehntelang mit Schüler:innen in verschiedenen Formaten daran gearbeitet, dass junge Menschen zu Mitgestalter:innen einer nicht absehbaren Zukunft werden können.

Der FREI DAY kann Türöffner für die ganzheitliche Transformation im einzelnen System und darüber hinaus sein. Er bezieht die vorhandene oder noch zu entwickelnde lokale und regionale #Bildungslandschaft in die Schulentwicklung ein. Er funktioniert im staatlichen Schulsystem.

Meine Berichte zum FREI DAY stießen auf viel Interesse, sein Konzept auf breite Zustimmung. Der Tenor war: “Das ist ein unterstützenswerter, weil zielführender, Ansatz.”.

17 Ziele für nachhaltige Entwicklung – #BNE2030

Die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung waren ausschließlich in der Imagination Lab School prominent sichtbar. Sie sind im schulinternen Golden Circle (nach Simon Sinek) im WHAT festgehalten.

Die übrigen bereisten Schulen agieren aber häufig, in ihrem innovativen und in die Zukunft gerichteten Handeln, im Sinne von BNE (Bildung für nachhaltige Entwicklung). Sie ordnen ihr Handeln zwar nicht in das framework der 17 SDGs (Sustainable Development Goals) ein, kennen es teilweise gar nicht, leben aber in vielen Bereichen das Ziel 4 Hochwertige Bildung. Auch die German International School of Silicon Valley bekennt sich in ihrer Schulentwicklung zu diesem Rahmenwerk für zukunftsfähige Bildung.

Ich habe mit großer Freude wahrgenommen, dass diese Thematik in der BayArea nicht als ein Add-on, als zusätzliches Thema, wahrgenommen sondern als wholeschoolapproach vorangebracht wird. Dabei werden sowohl die ökologische, wie auch die soziale und die ökonomische Notwendigkeit des Wandels erkannt und angegangen.

Das Konzept BNE beschreibt also eine ganzheitliche und transformative Bildung, die sowohl Lerninhalte und -ergebnisse, als auch die Pädagogik und die Lernumgebung berücksichtigt. Lehren und Lernen soll dabei auf interaktive Weise gestaltet werden, um forschendes, aktionsorientiertes und transformatives Lernen zu ermöglichen.

Quelle: https://www.bne-portal.de/bne/de/einstieg/was-ist-bne/was-ist-bne.html

Der Raum ist der dritte Pädagoge

In den 40er-Jahren des 20. Jahrhunderts begründete der italienische Pädagoge und Psychologe Loris Malaguzzi den Reggio-Emilia-Ansatz für das Lernen unter der Prämisse, dass sich Kinder durch Interaktionen entwickeln, zunächst mit den Erwachsenen in ihrem Leben – Eltern und Lehrern – dann mit Gleichaltrigen und schließlich mit ihrer Umgebung. Die Umgebung, so Malaguzzi, ist der dritte Lehrer.

Ein tieferes Verständnis für eine pädagogisch bewusst induzierte raumbezogene Schulentwicklung (Prof. Dr. Martin Heinrich, Universität Bielefeld) habe ich besonders in den Schulen wahrgenommen, die in nicht explizit dafür designierten Gebäuden beheimatet sind. Dort wird der #LernRAUM neu interpretiert, erobert und entdeckt. Eine Beschäftigung mit dem Raum wird notwendig und ermöglicht neue Szenarien auf den Etappen der jeweils individuellen Lernreise. Als ein aktuelles europäisches Beispiel kommt mir die ROSE, ein evangelisches Oberstufenrealgymnasium im Industriedenkmal, in den Sinn. Diese Schule würde ich aus der Distanz bei weitem als nicht so radikal aber ähnlich innovativ bezeichnen. Eine Lernreise dorthin steht meinerseits noch aus.

Den drei Maßstäben der kooperativen Lernraumentwicklung nach Andreas Hammon folgend, habe ich die besuchten Schulen aus Perspektive der verschiedenen Ebenen beobachtet. Die Mikro Settings wurden häufig wunderbar unkonventionell, innovativ, kreativ und mutig bespielt. Das hing teilweise auch mit der Gestaltung der Meso-Ebene zusammen, die häufig eine andere Nutzung der Räumlichkeiten im Gebäude und des Gebäudes bei Errichtung vorsah – glücklicherweise, möchte ich fast sagen. Die Betrachtung der Makro-Ebene war, insbesondere in San Francisco, oft ernüchternd. Eine lokale oder gar regionale Bildungslandschaft war nur vereinzelt und in Ansätzen erkennbar. Umso schöner waren für mich die pädagogischen Ansätze, im Sinne der realworldstudies, realworldprojects und des realworldprogramme, zu beobachten, die die Öffnung von Schule nach außen und innen bedingen. Natürlich muss dabei die Sicherheit aller unmittelbar am schulischen Alltag beteiligten Personen garantiert sein.

 

Eine Aussage zum LernRAUM hat mich nachhaltig beeindruckt und wirkt noch immer in mir nach. Der Schulgründer und -leiter Christopher Bezsylko (he/him/his) formulierte auf meine Nachfrage nach den fehlenden Arbeitsplätzen für die learning guides folgende Antwort an mich, die ich hier unkommentiert in Auszügen teile und die ich nachfühlen kann:

The philosophy behind it is, that as adults we can hold onto things. We tend to define things, and we tend to be proprietary. Even the most gracious and compassionate of us wants things of our own.

This is natural, and this is important. However, when we use things like the teacher desk to define that space it automatically becomes exclusive, not inclusive. We see our learning spaces as spaces for the children and the adults inhabit those places.

Die Größe der sozialen Einheiten

Die Schulen, auf die ich mich in diesem Rückblick hauptsächlich beziehe, waren teilweise noch im Aufbau, hatten aber – manche bewusst – entweder weniger oder nur knapp mehr als 120 unmittelbar am schulischen Alltag beteiligte Personen. Daher konnten sie aus meiner Perpektive als EINE räumliche Einheit funktional angelegt und bewohnt werden.

Übersteigt die Größe einer sozialen Einheit 120 Personen, verstärkt sich der Prozess der Anonymisierung, der Verantwortungsdiffusion, des nicht mehr kontrollierbaren Vandalismus. Die Einsicht in den Zusammenhang zwischen Zahl der Menschen und Qualität des Sozial- und Arbeitsklimas hat für die Schule erhebliche Konsequenzen.

Otto Seydel, 12 Thesen zum Bau einer „zukunftsfähigen“ Schule, online unter: https://www.ganztaegig-lernen.de/12-thesen-zum-bau-einer-zukunftsfaehigen-schule

Innovative raumfunktionalen Lösungen für größere soziale Einheiten konnte ich vor Ort dementsprechend nicht beobachten. Bezogen auf Nordrhein-Westfalen fallen mir beispielsweise die Peter Gläsel Schule oder auch die Freie Aktive Schule Wülfrath ein, die im Primarbereich die Größe der sozialen Einheit maßgeblich und absichtsvoll ihrer Entwicklung zugrunde legen.

Ausblick

Reisen bildet, befand Goethe. Es ermöglicht, im Austausch, den so wichtigen Perspektivwechsel. Es erweitert den eigenen Horizont. Der Hashtag #8days9schools1000ideas umschreibt meine Horizonterweiterung treffend.

Ich erkenne das Privileg, mich auf diese besondere Lernreise habe begeben zu können, als solches an. Dennoch möchte ich ein deutliches Votum für Lernreisen in und insbesondere zwischen den Bildungssystemen dieser Welt, den Kontinenten, den Ländern, den Bundesländern/Staaten/Kantonen und weiter in den geographisch immer kleiner werdenden Verwaltungsbereichen aussprechen. Denn nur mit Multiperspektivität werden wir in meinen Augen nachhaltige Lösungen für die Herausforderungen unserer immer komplexer werdenden Welt finden. Dabei muss man nicht zwangsläufig die Welt bereisen. Lernreisen ermöglichen schon im näheren eigenen Umkreis den Blick über den Tellerrand, schaffen Entwicklungsperspektiven und begünstigen die Netzwerkbildung.

Aus meiner Erfahrung heraus werden an verschiedenen Orten in Deutschland, Europa und offensichtlich auch in der Bay Area ähnliche Fragen an die Zukunft der Bildung gestellt. Auch aus Ecuador habe ich zuletzt ähnlich lautende Fragen wahrgenommen. Die Systeme sind in Bewegung. In der gelingenden Kommunikation liegt der Schlüssel, um gemeinsam Antworten auf diese Fragen zu finden. Aufbruch. Es lohnt sich!

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